2.1 - Ein persönlicher Rückblick von 1969 – 1999

Als im November 1969 zwei freundliche Herren aus unserer Nachbarschaft an der Haustür klingelten und mich für die KAB warben, ahnte ich in keinster Weise was auf mich zukam.
 
Natürlich war mir als aktives Personalratsmitglied der Stadtverwaltung Düsseldorf und praktizierender Christ die Katholische Arbeitnehmer Bewegung bekannt; entsprach doch ihr Einsatz für Arbeitnehmer meiner zu dieser Zeit ausgeübten Tätigkeit.
 
Als Neubürger, erst drei Jahre in Baumberg, öffnete sich für die ganze Familie ein neuer Bekanntenkreis, der sich recht bald um einen neuen Freundeskreis erweiterte. Hierzu beigetragen und bis heute unvergessen, haben die Pfingstfamilienseminare, die der Vorstand des Bezirksverbandes Rhein-Berg zu dem wir gehörten, im Kloster Ommerborn durchführte. Aus dem ganzen Bezirk reisten KAB-Mitglieder mit Kind und Kegel an. Wissend um die gute Betreuung der Kinder, konnten die Erwachsenen den zumeist religiösen Themen viel konzentrierter folgen und dementsprechend mitdiskutieren.
 
Dass Bildungsveranstaltungen mit ein Schwerpunkt der KAB waren, war für mich sehr bald erkennbar. Bis in die heutige Zeit hinein wurden in den letzten 30 Jahren zwischen 350-450 Veranstaltungen durchgeführt. Die Bandbreite der Themen reichten von Religion, Lokalem, Arbeitsrechtlichem, Gesellschaftlichem, Renten, Interna, Kommunalem, bis hin zu Umweltproblemen.
 
Das, was die KAB mit ihrem Tun erreichen wollte, Verbesserungen für Arbeitnehmer war bekannt, aber wesentliches Ziel, eintreten "für eine menschlichere Welt" beinhaltet ja weit mehr; Grundlage und Fundament hierfür ist für uns die katholische Soziallehre. Papst Johannes Paul II. stellt in seiner Enzyklika 1981 „Über die menschliche Arbeit“ im III. Abschnitt "Den Konflikt zwischen Arbeit und Kapital im gegenwärtigen Abschnitt der Geschichte" fest: „... dass die Kirche immer gelehrt hat, das Prinzip des Vorranges der Arbeit gegenüber dem Kapital“. In wie weit die Kirche als Arbeitgeber so handelt, lasse ich hier mal offen. Ergänzend darf ich noch auf das Grundgesetz hinweisen, denn dort finden wir die Aussagen im Artikel 14 Absatz 2 "Eigentum verpflichtet". Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Ist Soziallehre nicht einfach?
 
Ja, die vorgenannten Begriffe passen gut zusammen, nur die praktische Umsetzung der Inhalte lässt auf sich warten. Wir geben die Hoffnung nicht auf und bleiben als KAB am Ball.

Nachfolgend einige Themen aus den 70er Jahren:

1974: Ewald Kleen wird in den Bezirksvorstand Rhein-Berg gewählt.

Im gleichen Jahr fand eine Sternwallfahrt nach Bonn statt. Es ging um den Einsatz "für das Leben" im Hinblick auf die Reform des § 218.
 
Im Herbst 1974: Vollversammlung der Synode der kath. Bischöfe. Beim Nachlesen eines dort vorgelegten Arbeitspapiers haben sich mir fast die Haare gesträubt: "Gegen Selbsthilfeorganisationen der Arbeiter überhaupt." Dass der Arbeiter es unternahm aus eigener Kraft, nämlich durch Zusammenschluss mit seinesgleichen, sich selbst zu helfen, war in den Augen breitester kirchlicher Kreise eine Anmaßung, die ihren paternalistischen Vorstellungen strikt widersprach.
 
Da war ich also 1974 bereits 26 Jahre als Mitglied der ÖTV-Gewerkschaft in einem Zustand der Anmaßung. Viel wichtiger war, dass die Kirche erstmals über die Probleme der Arbeiter sprach und sogar Arbeiterpriester in Aussicht stellte.
Ich ahnte bei meinem Eintritt in die KAB wirklich nicht, dass der Weg für eine bessere Menschlichkeit mit so vielen Hindernissen gepflastert ist.
1976 kam es zur Gründung der „Jung - KAB“. Leider waren die beim Start durchaus guten Ansätze nach wenigen Jahren mangels Mitglieder verpufft.
 
1978 legte Willibald Schmid sein Mandat als Vorsitzender der Baumberger KAB nieder, Ewald Kleen wurde als Vertreter bis zur Neuwahl kommissarisch die Leitung übertragen und im März 1979 zum neuen Vorsitzenden gewählt. Am Samstag, dem 29. September begann mit einem Festgottesdienst unsere 75-Jahr-Feier als KAB Baumberg mit anschließendem Empfang für alle Pfarrangehörigen im Jugendheim. Es war eine beeindruckende Feier und eine durchaus positive Darstellung unserer Arbeit.
 
In den 80er Jahren tauchte nicht zum ersten Mal die Frage auf: Wie weit ist denn die KAB überhaupt noch notwendig? Wie will sie ihre unstreitbaren guten Ziele mit einer recht schwankenden Mitgliederzahl von 70 – 140 Personen überhaupt durchsetzen?
 
Hier lautete die Antwort, dies ist nur die Zahl einer Pfarrgemeinde. Im Bezirk Rhein-Berg sind es schon 30 Gemeinden und im Westdeutschen Verband gibt es ausreichend Mitglieder. Entscheidend ist ferner unsere Mitgliederstreuung. So befinden sich unsere Leute in Personal-und Betriebsräten, in den Räten der Städte, in Parlamenten auf Landes- und Bundesebene und nicht zuletzt in den Vertreterversammlungen der Kranken- und Rentenversicherungen. Auf einen Nenner gebracht, Sachverstand in vielen Entscheidungsgremien, auch auf internationaler Ebene. So betrachtet ist unsere KAB für die katholische Kirche unverzichtbar und stellt dort Messdiener, Küster sowie Vertreter im Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand.

Zu den Themen unserer Bildungsveranstaltungen in den 80er Jahren nur einige Beispiele:

Wie gesagt, nur einige Beispiele.
Was geschah noch in diesem Jahrzehnt?

Ich wurde im März 1981 zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Etwas anders ausgedrückt, es gab einige Termine mehr in der Woche, ein Los welches ich bis zum Jahr 2000 mit allen sehr aktiven Mitgliedern, sei es im Vorstand oder als Vertrauensleute teilen sollte. Kurzform: Freizeitarbeit zum Wohle der Allgemeinheit.

Ewald Kleen legte 1982, für viele von uns unverständlich, sein Mandat als Vorsitzender nieder. Ich konnte aus beruflichen Gründen mir nicht noch mehr Arbeit aufbürden und so baten wir, die übrigen Vorstandsmitglieder, Karl Heinz Esser, den Vorsitz zu übernehmen. Karl Heinz erklärte sich bereit, wurde gewählt und blieb bis März 1989 im Amt.
 
Ein von uns vorgetragener Wunsch an den Kirchenvorstand, das um ca. 50 % erweiterte Jugendheim mit dem Namen des 1977 verstorbenen Pastors König, als Pastor-König-Haus, zu benennen, wurde leider abgelehnt. Dagegen entsprach der Rat der Stadt Monheim dem Vorschlag, eine Straße nach dem Gründer der kath. Arbeitervereine, Bischof Emanuel v. Ketteler zu benennen.

Elisabeth Höhne wurde 1985 als erste Frau in den KAB - Vorstand gewählt.

Gegen die Schließung des Shellwerkes in Monheim haben wir leider vergeblich protestiert, aber bereits 1989 nach der Verwendung des brachliegenden Geländes gefragt und gefordert Gewerbebetriebe anzusiedeln. In diesem Zusammenhang ist einmal festzustellen: Ein Betrieb verlässt das Gelände, der Boden ist verseucht. Wer trägt die Kosten der Sanierung? Sind es, wie schon vorher die Steuerzahler? Im Osnabrücker Positionspapier des Westdeutschen Verbandes vom Mai 1985 heißt es: "Der Staat muss umweltpolitische Verantwortung wahrnehmen." An anderer Stelle die Aussage „Gottes Schöpfung, der menschlichen Arbeit aufgetragen“.

18. Mai 1989: Ewald Kleen wird, nach dem Karl-Heinz Esser nicht mehr kandidiert, erneut zum Vorsitzenden gewählt.

Christian Badura wird mit Wirkung vom 1. September 1989 als Diakon für die Pfarre St. Dionysius eingesetzt.

Zum 85-jährigen Bestehen unserer KAB Baumberg übernahm Diakon Badura, in der von Pfarrer Erhard März zelebrierten Messe, als neubeauftragter Präses die Festpredigt, und der Männerchor 1864 Baumberg gestaltete gesanglich die Messe. Die nach der Messe stattgefundene Matinee im Pfarrheim bot den zahlreichen Besuchern ein eindrucksvolles Programm.

Aus den Bildungsveranstaltungen der 90er Jahre nenne ich:

Bei der Nennung nur einiger Beispiele ist unschwer zu erkennen, dass die Zeiten kritischer geworden sind.

Mit dem Pastoralgespräch und der Aufforderung „Reden Sie mit,“ haben wir uns in meinen Augen viel zu lange aufgehalten und sehr kostbare Zeit vertan. Stand doch zu diesem Zeitpunkt bereits fest, dass es in Zukunft nur noch Pfarrverbände geben wird.
 
Etwas anders sah es mit der Diskussionsgrundlage „zur wirt-schaftlichen und sozialen Lage in Deutschland“ als ein gemeinsames Wort der evangelischen und katholischen Kirchen aus. Hier haben wir ebenfalls in Arbeitsgruppen viel Zeit investiert, nur mit dem Unterschied, unsere Gedanken wurden positiv aufgenommen. Die Anregungen zur Familienpolitik, nämlich „Anerkennung der gesamten Familienarbeit und Berücksichtigung derselben bei der Renten-versicherung“, wird heute in der Politik positiv diskutiert.
 
Familienseminare hatte ich am Anfang meiner Rückschau bereits genannt. Sie haben in all den Jahren stattgefunden, wobei die Teilnehmerzahlen aus Baumberg deutlich abnahmen. Dies hat sich zum Glück für uns, nach einer erfolgreichen Werbung, Mitte der 90erJahre, wo es gelang, mehrere relativ junge Familien mit Kindern aufzunehmen, sprunghaft verändert. Zwischen 20-30 Teilnehmer nur aus Baumberg, und dies in den Osterferien, brachte eine neue ungeahnte Lebendigkeit und einen bis zum heutigen Tage positiven Aufschwung unserer Arbeit.
 
Am 27. Oktober 1993 kurz nach seinem 60. Geburtstag starb unser Vorsitzender Ewald Kleen. Wir haben einen Freund und einen sehr engagierten Kämpfer für die gute Sache verloren. Zu den Neuwahlen am 19. März 1994 in der Jahreshauptversammlung wurde Michael Pätzold zum Vorsitzenden und zu seinem Vertreter Franz Köchling gewählt. Ich hatte aus Altersgründen auf diese Kandidatur verzichtet, blieb aber im Vorstand als Beisitzer.
 
Zu unserem 90-Jahre-Fest ging es nach einer Festmesse ins Pfarrheim. Bereits vor der Kirche wurden wir vom Monheimer Fanfarenchor begrüßt. Für die geladenen Gäste und die Pfarrgemeinde war es ein Fest ohne große Reden, sondern vor allem ein Fest um mit anderen ins Gespräch zu kommen. Das Baumberger Akkordeonorchester unterhielt die Gäste mit tollen musikalischen Einlagen. Ein weiterer Höhepunkt war die Jubilarehrung: Es galt 3 Mitglieder zur 40jährigen Mitgliedschaft und 8 zur 25jährigen Mitgliedschaft zu ehren.
 
Am 16. März 1996 übernahm Christian Badura, unser Präses, eine neue Diakonatsstelle in Langenfeld und Pastoralreferent Robert Eiteneuer wurde ins neue Amt eingeführt.

Eine Kraftquelle für unser Tun: für Mitglieder und Vorstand waren unsere Einkehrtage die jährlich durchgeführt wurden.

Einmalig unser Kampf „Sonntag muss Sonntag bleiben“. Gemeinsam mit evangelischen Christen, den Gewerkschaften, dem KKV (Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung) und anderen Gleichgesinnten wehrten und wehren wir uns bis heute weitere verkaufsoffene Sonntage allgemein, aber insbesondere auch in Monheim zuzulassen. Hier ist für uns maßgebend und entscheidend Gottes Wort: "Am siebten Tage sollst Du ruhen!" Den Lobbyisten, die für weitere Öffnung der Sonntage plädieren, setzen wir zusätzlich die Aussage von anerkannten Wissenschaftlern entgegen, dass der Mensch den Lebensrhythmus des regelmäßigen Ruhetages schon alleine aus gesundheitlichen Gründen benötigt.

Unbestrittener Höhepunkt unserer Veranstaltungsreihen war die Gemeindewoche vom 24. – 31. Oktober 1999. Sie stand unter dem Motto "Füreinander". Von der Frühschicht morgens um 6.00 Uhr, der Mittagsschicht um 12.00 Uhr und der Abendschicht um 22.00 Uhr jeweils in der Kirche, fanden durchgehend Aktivitäten aller Pfarrvereine und Gruppierungen statt. Vom Kindergarten bis ins Altenheim und umgekehrt, heilige Messe am Arbeitsplatz, Kirchen – und Jugendchor, alles war im Einsatz um das Füreinander zu praktizieren und Gottes Lob zu mehren. Auch eine im Pfarrheim veranstaltete Hobbybörse fand regen Zuspruch.
 
Am 30. Oktober 1999 fand um 10.00 Uhr der große Arbeitnehmerempfang mit unserem Kardinal Meisner zum Thema "Arbeit und Leben neu gestalten" im Pfarrheim statt. Nach der Mittagsschicht gab es einen Kindernachmittag und abends einen "bunten Abend mit Tanz". Zum Abschluss der Gemeindewoche wurde am Sonntag nach der Eucharistiefeier symbolisch ein großer nachgebildeter Stein "ins Rollen gebracht", um auf die Situation der Familien in unserem Land aufmerksam zu machen.
 
In meinen Erinnerungen gibt es außer „Arbeiten und Beten“ noch ein ganz anderes Kapitel, nämlich man muss die Feste feiern wie sie fallen. Ja, wir sind, wenn es drauf ankommt ein fröhlicher Verein und dies gehört ebenso zum Leben und fördert die Gemeinschaft.
 
Kein Pfarrkarneval ohne KAB-Gruppe, Familientag am Pfingstmontag, Tanz in den Mai, Beteiligung an allen von der Pfarrgemeinde organisierten Festen (Schwerpunkt Pfarrfest), Adventfeiern mit Bescherung der Kinder durch den Nikolaus, Jahresabschlussfeiern zu Sylvester im Pfarrheim. Ja, unsere Feste haben Tradition und werden von Mitgliedern und Pfarrangehörigen gerne besucht.
 
Großen Anklang fanden auch unsere gut organisierten Bildungsreisen, die da waren: Wallfahrt nach Lourdes, Fahrt nach Danzig  / Masuren, Frauenstein, ins Riesengebirge oder an die türkische Riviera, um nur einige zu nennen.
 
Darüber hinaus führten wir zwischen den großen Reisen auch immer wieder Wochenendfahrten mit zwei Übernachtungen durch; diese gingen nach Bremen, nach Belgien in die Ardennen, Lübeck, in die Pfalz, diese Reiseveranstaltungen erfreuten sich großer Beliebtheit.

Über Besuchermangel können wir uns eigentlich nur bei den schwankenden Zahlen einzelner Bildungsveranstaltungen äußern. Es ist schade, wenn die guten Angebote, die für die ganze Pfarrgemeinde gelten, nicht immer den erwarteten Zustrom finden.

Zum Abschluss: Ein Verein, der sein hundertjähriges Bestehen feiert, sich zur katholischen Glaubensgemeinschaft bekennt und sich für eine bessere Menschlichkeit einsetzt, benötigt Menschen, die bereit sind, mitzutun.

Sie haben sicher erkannt, mit diesem Schluss ist eine Werbung verbunden, denn ohne Menschen können wir unser Wirken nicht umsetzen.

Die KAB ist eine Bildungsgemeinschaft.
Die KAB ist eine Aktionsgemeinschaft.
Die KAB ist eine Selbsthilfegemeinschaft.
Die KAB ist eine Glaubensgemeinschaft.
Die KAB ist eine Erlebnisgemeinschaft.
Die KAB bildet das Kräftedreieck von Kirche, Gesellschaft und Arbeitswelt.

Ich hoffe, dass ich nichts Wesentliches vergessen habe und schließe meine Erinnerungen mit dem alten Gruß der KAB
Gott segne die christliche Arbeit!

Ihr und Euer
Franz Hochschuh.